Lektorat in Zeiten des Wandels
Dass die Buch- und Verlagsbranche seit Jahrzehnten Änderungsprozesse durchläuft, ist hinreichend bekannt. Ein Motor dieses Wandels ist ganz sicher das Selfpublishing. Immer mehr Plattformen bieten Schreibern die Möglichkeit, Bücher zu veröffentlichen ohne die Hilfe eines Verlages. Nicht wenige Selfpublisher gründen einen Verlag für die eigenen Werke, einige „mausern“ sich zu Kleinverlagen, die auch die Bücher von Kollegen ins Programm nehmen. Da es sich häufig um einen Ein‑Mann- oder Eine‑Frau‑Betrieb handelt, werden klassische Verlagsaufgaben outgesourct.
Deshalb verwundert es kaum, dass parallel zu den veränderten Strukturen der Buchproduktion und -distribution eine Fülle von Dienstleistungen angeboten werden. Es finden sich freie Lektoren und Korrektoren, Cover-Gestalter, Marketingexperten und viele mehr. Auch wenn eine professionelle Bearbeitung mit Kosten verbunden ist, tun Selfpublisher, Selbst- und Kleinverleger gut daran, in den sauren Apfel zu beißen. Zurecht verlangt der Leser gut bearbeitete Produkte. Und gerade in Zeiten, in denen die Bücher jenseits des Mainstreams von immer mehr Lesern entdeckt werden, muss die Gunst der Stunde genutzt werden – mit einem breiten Angebot an professionell bearbeiteten Werken.
Kommen wir zurück zum Lektorat! Die Fülle der freien Lektoren und Lektorinnen birgt Gefahren wie auch Chancen. Da es sich nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung handelt, ist es unerlässlich, genau zu prüfen, mit wem man es zu tun hat. Es lohnt sich, die Webseiten aufmerksam zu lesen. Natürlich bringt es eine gewisse Sicherheit, wenn in der Vita eines Anbieters ein Germanistikstudium und eine jahrelange Verlagstätigkeit aufgelistet ist. Aber auch andere Werdegänge können passen. Nicht selten sind aufgeführte Qualifikationen sehr speziell. Aber mitunter wird genau dieses Besondere gebraucht.
Eine gelernte Kinderbuch‑Bibliothekarin mit Erfahrungen als Autorin in diesem Genre kann ich mir als Lektorin für ein Kinderbuch vorstellen. Der ehemalige Journalist, der Lehrgänge für kreatives Schreiben absolviert und sich intensiv mit Krimis beschäftigt hat, birgt ein ganz anderes Potential.
Also keine Angst! Die Chancen sind größer als die Gefahren.
Text: Carolin Olivares